Ralf Berns

Leiter HR-Produktportfolio-/-Prozessmanagement und Fachredaktion Personal

"Unser Projekt ist mehr als die Einführung einer neuen HCM-Suite – es ist ein gelungenes Beispiel für die Gestaltung und Verzahnung des HR Operating Models mit einem einheitlichen HR-IT-System."

Interview von Fabio Sandrin
23. März 2021

Ralf Berns ist seit 2010 im Konzern Deutsche Bahn für das HR-Produktportfolio- und -Prozessmanagement, das HR-IT-Anforderungsmanagement sowie die Fachredaktion Personal verantwortlich. Davor war er in verschiedenen HR-Führungspositionen bei der Landesbank Baden-Württemberg tätig. U. a. implementierte er dort ein produkt- und prozessorientiertes HR-Management, das HR-Service-Center sowie eine innovative HR-IT-Infrastruktur. Nach Leitungstätigkeiten in Projekten zum „Aufbau einer zentralen Personalgewinnungsorganisation“, zur „Effizienzsteigerung HR“ und zur „Zukunft der Personalarbeit im DB-Konzern“ beschäftigt ihn gerade die Einführung eines kundenzentrierten HR Operating Models verbunden mit der Auswahl und Implementierung einer cloudbasierten HCM-Suite.

we.CONECT: Sie sind als Leiter HR-Produktportfolio-/-Prozessmanagement und Fachredaktion Personal bei der Deutschen Bahn tätig – Welche Aufgaben würden Sie im Rahmen Ihrer Zuständigkeit als besonders interessant hervorheben? Was in Ihrer Rolle empfinden Sie als besonders aufregend, was begeistert Sie an Ihrem Job? 

Ralf Berns: Wir sind dafür zuständig, dass sämtliche HR-Prozesse „rund laufen“ und im Sinne unserer internen Kund:innen, den Mitarbeitenden und Führungskräften, end-to-end gestaltet sind und ein positives „Erlebnis“ hinterlassen. Am Ende unserer HR-Prozesse stehen HR-Produkte, die hoffentlich auf zwei Arten begeistern:
Sie sind einfach (high tech), gehen schnell, reibungslos, fehlerfrei und mühelose von der Hand und vermeiden Aufwand und Frustration – oder sie sind persönlich (high touch) im Sinne von integrierend, individuell, achtsam oder exzellent und prägen Momente (moments that matter).

Somit erbringen wir als HR unsere Leistung indirekt auch für die Kund:innen der Bahn, z. B. die Reisenden. Die Erlebnisse der Mitarbeitenden schaffen Werte, denn Maßnahmen zur Steigerung der internen Servicequalität verbessern Zufriedenheit der Belegschaft und damit letztlich Umsatzwachstum wie Profitabilität.
Die Vielfalt rund um die 260 HR-Prozesse und -Produkte begeistert mich. Auf der einen Seite hoch digital (high tech) – auf der anderen Seite menschlich und individuell (high touch).

we.CONECT: Sie stellen bei der 7. Rethink! HR Tech das Thema „Nächster Halt Zukunft – Die Einführung einer HCM-Cloud bei der Deutschen Bahn – vom Auswahlprozess bis zur Implementierung und der damit verbundenen Transformation der HR-Arbeit“ vor. Wie würden Sie das Projekt selbst einordnen – „es ist ein gutes Beispiel für gelungenes…“ 

Ralf Berns: Unser Projekt ist mehr als die Einführung einer neuen HCM-Suite – es ist ein gelungenes Beispiel für die Gestaltung und Verzahnung des HR Operating Models mit einem einheitlichen HR-IT-System. Neben der Einführung eines cloudbasierten HR-IT-Systems für die DB in Deutschland, das Digitalisierung, Automatisierung und Standardisierung des Personalmanagements voranbringt und positive Kundenerlebnisse schafft, wird ein einheitliches HR Operating Model für alle Konzerneinheiten etabliert, mit verbindlichen Strukturen und klaren Rollen, ausgerichtet auf die Bedürfnisse unserer Endkunden, der Mitarbeitenden und Führungskräfte. Das Projekt wird unsere Organisation nachhaltig verändern und HR auf ein neues Level heben. Die umfassende Digitalisierung unserer HR-Produkte und einfache, intuitive Services sind Teil unseres Beitrags zur Dachstrategie. Standardvorgänge übernimmt die Technik, so entsteht neuer Freiraum für die wertschöpfenden Aufgaben.

we.CONECT: Was waren die wichtigsten Treiber bei Ihrem Projekt – Funktionalität, Geschwindigkeit, Prozessoptimierung, Sicherheit, Nutzer-/Kundenzufriedenheit, vor allem die Kosten oder etwas ganz Anderes? 

Ralf Berns: Schon bei der Markterkundung wurde ein partizipativer Ansatz gewählt, der die Bedürfnisse der späteren Nutzer:innen berücksichtigt hat. Entsprechend hoch wurde das Erlebnis der Anwender:innen in den Vergabekriterien der EU-weiten Ausschreibung gewichtet. Neben Sicherheit und Funktionalität wurde damit früh die Kunden:innenperspektive ein Schwerpunktthema. Vor dem Hintergrund des partizipativen Ansatzes der Anbieterauswahl ist es äußerst erfreulich, dass wir mit dem Anbieter in die Zukunft starten, der auch die höchsten Bewertungen in der bewertenden Teststellung – also von zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern – erhielt. Dem eigenen Anspruch, die Nutzer:innenbedürfnisse eng in die Arbeit und die Entwicklungen des Programms einzubeziehen, konnten wir so auf besondere Weise gerecht werden. Die Nutzer:innenzufriedenheit wurde stärker gewichtet als der Preis. Nur wenn das System später eine hohe Akzeptanz hat, ist unser Projekt erfolgreich.

we.CONECT: Mit Blick auf die Planung, die Anfangsphase und die ersten PoCs – Wo sehen Sie besondere Erfolge mit Blick auf die Erreichung der Projektziele?

Ralf Berns: Unser Ziel ist es, leistungsfähige Technik, sinnvolle Organisations-strukturen und eine hohe Nutzer:innenorientierung zu kombinieren. Wir wollen das Potenzial der Digitalisierung für alle Mitarbeitenden, Führungskräfte und Personaler:innen nutzen und Personalarbeit so effizienter und moderner machen. Das aktuelle Personalsystem wird durch eine moderne, cloudbasierte Plattform abgelöst. Mitarbeitende können so zukünftig viele neue, nutzerzentrierte digitale Services– selbst, jederzeit und ortsunabhängig – über einen zentralen Zugang nutzen. Im neuen System arbeiten und kollaborieren Führungskräfte, Mitarbeitende und Personaler:innen gemeinsam auf einer Plattform. Dadurch greifen Prozess-Schritte besser ineinander – weg vom Expertensystem für HR, hin zu einer Plattform für alle. Wir gewinnen 190.000 neue Anwendende hinzu. Ein erster Erfolg war es, dass wir gemeinsam mit über 500 zukünftigen Nutzer:innen den Auswahlprozess der neuen Lösung gestaltet haben.

we.CONECT: Was waren indes die größten Herausforderungen und wie haben Sie diese gelöst?

Ralf Berns: Die Herausforderungen liegen in der engen Verzahnung zwischen Geschäftsfeldern und Projekt, der Beibehaltung des Standards und ausreichenden Berücksichtigung der Nutzer:innenperspektive. Wir möchten innerhalb von 18 Monaten Implementierungszeit ein neues Personalsystem für rund 200.000 DB-Mitarbeitende auf die Beine stellen. Die Lösung dafür liegt im Projektaufsatz: Der agile Arbeitsansatz in Anlehnung an SCRUM ermöglicht es dabei schnell, effizient und iterativ zu arbeiten. Die Nutzer:innenperspektive wird stärker in den Fokus gerückt, Entscheidungsfindung wird schlanker gestaltet und klar definierte Rollen und feste Meetings in unterschiedlichen Konstellationen geben Transparenz über Fortschritt, Abhängigkeiten aber auch mögliche Hindernisse.

we.CONECT: Welche Themenschwerpunkte im Rahmen des Summits sind für Sie besonders wichtig und warum?

Ralf Berns: Unser Projekt verbindet die Schaffung einer leistungsfähigen Organisation mit der Einführung innovativer Technik. Somit stehen zwei Säulen für die wesentlichen Zielstellungen des Projektes:
Die Etablierung eines einheitlichen HR Operating Model für alle Konzerneinheiten verbunden mit der Schaffung konzernweiter Standards und verbindlicher Strukturen, klarer Rollen und ausgerichtet an den Bedürfnissen von Mitarbeitenden und Führungskräften. Weiterhin die Einführung eines einheitlichen HR-IT-Systems für die DB in Deutschland mit Digitalisierung, Automatisierung und Standardisierung des Personalmanagements. Wir zeigen auf, wie wir beide Facetten verbinden und zu einem ganzheitlichen Transformationsprojekt werden – von der Auswahl bis hin zur Implementierungsvorbereitung. Wir machen die DB damit in allen Personalthemen modern, schlagkräftig und robust und leisten einen wichtigen Beitrag zur Konzernstrategie.